Peru - eine Reise ins Land des Kaffees
Unsere ehrenamtlich Aktive Linda Rustemeier konnte sich in Peru auf Spurensuche machen: Was gehört alles dazu, in Zeiten gefährdeter Biodiversität und des Klimawandels, den Kaffee anzubauen, der bei uns im Supermarkt und auf dem Küchentisch landet? Sie berichtet von der Kaffeegenossenschaft Cooperativa Agraria Frontera de San Ignacio Ltd, einem Partner von Oikocredit.
Peru ist ein Land voller Klimakontraste. An der Küste liegt die Hauptstadt Lima in der Wüste, das Hochland ist grün und saftig und der Dschungel am Amazonas ist feucht und heiß. Doch auch hier ist der Klimawandel längst angekommen. Was bedeutet dies für den Anbau von Kaffee, der bei uns im Supermarkt und auf dem Küchentisch landet? Eine Spurensuche.
Wer einmal in schwer erreichbarem, unebenen Berggelände die roten Kaffeekirschen geerntet hat und dabei von Mosquitos zerfressen wurde, lernt vieles, was zum Alltag der Kaffeefarmer in Peru gehört: Auch heute noch gehört Geschick und Handarbeit dazu - Lange Kleidung und Mückenschutz gehören zur Standardausrüstung. Genauso ist aber die Entwicklung neuer Methoden und technischer Hilfsmittel wichtig geworden, wie der Einsatz künstlicher Intelligenz bei der Qualitätskontrolle durch Fotos von idealen Kaffeebohnen.
Viele Kaffeekirschen in den unteren Lagen sind vom Broca-Käfer durchfressen. Wer solche angeknabberten Kirschen mal direkt sehen möchte, erkennt das an der Auswahl von schlechten Bohnen, die dennoch exportiert werden. Es befinden sich sowohl in der Kaffeekirsche, als auch in der Bohne winzige, aber sichtbare Biss-Löcher. Das sieht man z.B. sogar durch die Bohnenbehälter im Mahlwerk der Maschinen im Supermarkt. Er fühlt sich in den warmen, unteren Kaffeelagen besonders wohl. Laut dem newsweek-Magazin wurde er erstmals vermutlich um 1908 im Kongo und 1913 in Brasilien entdeckt. Womöglich wurde er in den Kaffeekirschen, wo er hunderte Eier ablegt, zum anderen Kontinent transportiert. Er ist für Qualitäts- und Ernte-Verluste im Wert von über 500 US-Millionen Dollar verantwortlich. Für die meisten Insekten ist das Koffein tödlich, doch der Darm des Broca-Käfers enthält rund 14 verschiedene Bakterien, die das Koffein verdauen können.
Diese immensen Schäden können durch verschiedene Methoden aufgefangen werden. Einerseits hilft eine ressourcenschützende Aufzucht der Kaffeejungpflanzen, zum Beispiel durch wieder in den Kreislauf gebrachte Kaffeeerntereste als Dünger. Das macht die Pflanzen resilienter oder verhindert eine Ansteckung anderer Pflanzen, wie Infektionen mit Kaffeerost. Andererseits schützt auch die angepflanzte Biodiversität. Damit ist gemeint, dass nicht nur Kaffee, sondern auch zahlreiche andere Pflanzen, wie Bananen und weitere schützende große Bäume, die Schatten spenden, die sensiblen Kaffeesträucher vor Hitze schützen (die übrigens über zwei Meter groß werden können).
Doch wie erwirbt man als Kleinbäuer*in das Wissen, um diese Techniken anwenden zu können? Hier setzt Oikocredit mit Maßnahmen zum Capacity Building an.
Das breite erworbene KnowHow der Expert*innen des sogenannten Technischen Service, wie bei der Kaffeekooperative C.A. Frontera San Ignacio im Norden von Peru, wird bei Oikocredit als Capacity Building bezeichnet. Diese wichtige Säule ermöglicht es, dass das Wissen an die Kaffeefarmer von Plantage zu Plantage weitergegeben und angewendet wird. Durch das Investment in Bildung und regelmäßige Schulungen und den Austausch in der Kooperative können Kleinbäuer*innen mit Herausforderungen wie Käfer, Blatt-Rost und anderen besser umgehen.
Als Investorin bei Oikocredit habe ich nicht nur viel über die Qualitätsunterschiede von Kaffee erfahren, was ich in die ehrenamtliche Arbeit der Kaffee Walk and Talks-Stadtrundgänge einfließen lassen kann, sondern auch viel über Zusammenhänge und Marktlogiken erfahren. Und dass die Zeit von der Ernte (übrigens mehrfach im Jahr) bis zur Ankunft im Supermarkt viel Zeit vergehen kann. Die Bauern bekommen nicht sofort ihr Geld - hier springt Oikocredit ein und bezahlt den Kaffeekooperativen und die den Bauern indirekt faire Löhne, bis der Verkaufsprozess beendet ist. Aber ehrlich gesagt zieht mich am meisten vor allem die Faszination für den Broka-Käfer, die Anbauhöhen und Biodiversität und die Nachhaltigkeit des Technischen Service in den Bann. Wenn ich jetzt Kaffee trinke suche ich jedes Mal nach dem Broka (und seiner Abwesenheit).
Zur Kooperative Frontera San Ignacio
Die 1968 gegründete Frontera San Ignacio hat derzeit 413 Mitglieder, die insgesamt 1.230 Hektar Kaffee auf 900-2200 Metern anbauen. Es handelt sich um eine Genossenschaft kleiner Kaffeeproduzenten mit Sitz in San Ignacio in der Region Cajamarca im Norden Perus. Neben dem Kaffeeexport verfügt der Partner über weitere Einnahmequellen wie die Dreschanlage in Chiclayo, die Nassverarbeitungsanlage und die Anlage zur Verarbeitung organischer Düngemittel, die beide im San Ignacio-Tal liegen. Die Kooperative erntet und handelt Kaffee mit Fair-Trade- und Bio-Zertifikaten. Die Erzeuger verarbeiten ihre Kaffeekirschen in der Regel selbst oder haben die Möglichkeit, den Service der Genossenschaft in Anspruch zu nehmen. Frontera San Ignacio hat in diesen Service investiert, um eine frühzeitige Sammlung und Überwachung der Qualität zu gewährleisten. Die Nassaufbereitungsanlage verfügt über ein System mit geringem Wasserverbrauch. Der Partner bietet den Dreschservice auch andere Kooperativen an. Im letzten Jahr wurden 180.000 Doppelzentner verarbeitet, wodurch die Fixkosten auf 90.000 Doppelzentner kostendeckend waren. Derzeit verfügt dieser Partner über eine aktive Kreditlinie von Oikocredit in Höhe von 1,5 Millionen USD.
Archiv > 2024 > Juni
- 24. 06. 2024 - Wie der Oikocredit Partner PAI Qualität und Kapitalbeteiligung in der argentinischen Landwirtschaft fördert
- 21. 06. 2024 - Oikocredit setzt Dialog mit Nichtregierungsorganisationen fort
- 18. 06. 2024 - Oikocredit hält 48. Generalversammlung ab
- 17. 06. 2024 - Peru - eine Reise ins Land des Kaffees
- 17. 06. 2024 - Treffen von Oikocredit mit LICADHO, Equitable Cambodia und FIAN Deutschland im Juni
- 16. 06. 2024 - Was bewegt unsere Vorstandsmitglieder?
- 13. 06. 2024 - Farmerline unterstützt afrikanische Kleinbäuer*innen mit moderner Technologie
- 12. 06. 2024 - Oikocredit geht Partnerschaft mit Biokohlehersteller NetZero ein